Das Klein-Tibet der Alpen verstehen

Livigno, das Klein-Tibet der Alpen, ist der größte und führende Skiort der Lombardei. Aber ein gesund gewachsener, kein Retorten-Skispot. Als einer der höchsten Orte Europas bietet Livigno Schneesicherheit satt. Aber auch Zollfrei-Shopping und Wellness auf hohem Niveau. Und 2026 ist das Hochtal Gastgeber der Freestyle- und Snowboard-Wettbewerbe der Olympischen Spiele. Ein langer und harter Weg, denn noch vor 70 Jahren war Livigno. Eine Dorfhistorie in fünf Kapiteln:

Kapitel 1: Duty Free dank Napoleon

Livigno verdankt seinen Spitznamen „Klein-Tibet“ der abgeschiedenen Lage auf 1.816 Meter Höhe mitten im Gebirge. Die schwierigen Lebensumstände der Bewohner erkannte auch ein Franzosenkaiser namens Napoleon und erklärte das weltabgeschiedene Hochtal zwischen Ortler und Bernina 1805 kurzerhand zur Zollfrei-Zone. Somit war Livigno die erste Duty-Free-Gemeinde der Welt.

Klein-Tibet Livigno
Napoleon ist es zu verdanken, dass Duty Free in Livigno Einzug halten konnte ©APT Livigno/Roby Trab

1818 machte Österreich-Ungarn, 1910 Italien und 1960 die (damalige) Europäische Gemeinschaft einen Haken unter Livignos Sonderstatus. Heute freuen sich Livigno-Gäste mehr denn je über Rolex, Gucci und Sprit zu attraktiven Preisen.

Kapitel 2: Kleiner Grenzverkehr über alle Berge in Klein-Tibet

Im Klein-Tibet Livigno gehörte der Warenschmuggel immer zum Alltag dazu. Die Dorfbewohner waren früher so arm, dass sie Schmuggeln mussten, um zu überleben. Einer der Unterstützer des Import- & Exportgeschäfts über alle Berge war der Dorfpfarrer von Trepalle, einem Ortsteil von Livigno auf 2.069 Meter Höhe. 

Klein-Tibet Livigno
Die alpinen Berge, die man heute mit Schneeschuhen erkundet, wurden früher zum Schmuggeln genutzt ©APT Livigno/Roby Trab

Alessandro Parenti alias „Don Parenti“ war aber nicht nur von 1939 bis 1980 Dorfpfarrer, er war auch „Priester der Schmuggler“ und verteidigte die armen Bewohner erfolgreich vor Gericht und rechtfertigte ihre Beweggründe. So diente er als literarisches Vorbild für Don Camillo. Die höchstgelegene Tankstelle Europas, von Don Parenti initiiert, gibt es heute noch.

Kapitel 3: Livigno entdeckt das Skifahren für sich

Im Museum von Livigno, dem „Mus!“, steht noch die originale Zapfsäule von Don Sandro aus den 1940er-Jahren. Aber auch der LKW-Motor, der im Jahre 1953 den ersten Skilift in Klein-Tibet antrieb. Mit dem Skitourismus kam der Wohlstand ins Hochtal. 1983 baute ein Hotelier aus Garmisch-Partenkirchen den ersten richtigen Skilift. Und der Wintertourismus zündete den Turbo.

Klein-Tibet Livigno
Mit dem Skitourismus kam der Wohlstand nach Livigno ©APT Livigno

Heute freuen sich Skifahrer, Snowboarder und Telemarker mit „Mottolino“ und „Carosello 3000“ über zwei hochmoderne Skigebiete beidseitig des Tals – und über jede Menge Traumhänge.

Kapitel 4: Nie wieder im Abseits – dem Tunnel sei Dank

Bis 1968 war Livigno ähnlich gut zu erreichen wie Tibets Hauptstadt Lhasa. Aber dann wurde vom Ofenpass aus der Tunnel „Munt la Schera“ gebohrt. Diese nur einspurige, leicht gruselig-skurrile Röhre war einerseits Initialzünder für den Tourismus, weil sie die Anreise aus Deutschland, Österreich und der Schweiz erheblich erleichterte.

Der Tunnel ins Klein-Tibet musste aber teuer erkauft werden: Die Schweizer verbanden mit dem Einbahnstraßen-Tunnel Livigno mit der Restwelt, im Gegenzug wurden Teile Livignos vom neu entstandenen Stausee überschwemmt.

Kapitel 5: Olympia kommt 2026 nach Livigno

Wenn im Februar 2026 die besten Wintersportler der Welt in Mailand ihre Olympiasieger küren, ist auch Livigno am Start. Hier, im größten Skigebiet der Lombardei, finden dann die Freestyle– und Snowboard-Wettbewerbe statt. Aber nicht nach dem Motto „Nach mir die Sintflut“, sondern nachhaltig und umweltschonend wie nie zuvor.

Klein-Tibet Livigno
Freestyle hat eine lange Tradition in Livigno und erfährt seine Krönung bei den Winterspielen 2026 ©APT Livigno/ezzeurets

Die Anlagen für die Disziplinen Aerials, Moguls, Halfpipe, Big Air und Slopestyle sowie fürs Snowboarden gibt es bereits oder es gibt langfristige Nutzungskonzepte. Das ist Olympia-Spirit à la Livigno – im Klein-Tibet des Alpen.

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